Ein Regal mit vielen Schuhen

Zwangsstörungen


Was ist eine Zwangsstörung?

Eine Zwangsstörung (engl. Obsessive Compulsive Disorder, OCD) ist eine häufige psychische Störung, die durch wiederkehrende, unkontrollierbare Gedanken oder Verhaltensweisen gekennzeichnet ist. Die Betroffenen fühlen sich von diesen Gedanken und Verhaltensweisen belastet, schaffen es allerdings meist nicht, diese mit bloßer Willenskraft loszuwerden. Ca. 2-3% der Bevölkerung leiden unter einer Zwangsstörung.

Was sind die Symptome einer Zwangsstörung?

Die Symptome einer Zwangsstörung können sehr unterschiedlich sein und variieren von Person zu Person. Die häufigsten Symptome sind:

  1. Zwangsgedanken (Obsessionen): Unkontrollierbare, wiederkehrende und aufdringliche Gedanken, die oft beängstigend oder peinlich sind. Meist handelt es sich um tabuisierte und emotional hochbelastende Themen und sind nur schwer auszuhalten. Sie spiegeln nicht die Meinung der Betroffen wider, sondern werden eher als fremd empfunden. Die Betroffenen wissen meist, dass diese Gedanken irrational sind, können sie jedoch nicht loswerden. Häufige Themen von Zwangsgedanken sind: aggressive Gedanken gegenüber sich selbst und anderen, Gedanken rund um Verschmutzungen, Gedanken mit sexuellen oder religiösen Inhalten und Gedanken, die im Allgemeinen ein schlechtes Gewissen hinterlassen. Zwangsimpulse – die Angst einem ungewollten Impuls nachzugeben wie einen Säugling fallen zu lassen.
  2. Zwangshandlungen (Kompulsionen): Wiederholte Handlungen oder Rituale, die durchgeführt werden müssen, um die Angst vor den Zwangsgedanken (Obsessionen) zu reduzieren. Dies kann z.B. das häufige Händewaschen, Kontrollieren von Türen und Lichtschaltern, Zählzwänge oder das Überprüfen von Dingen wie dem Herd oder dem Schloss sein. Den Betroffenen ist meist bewusst, dass die Handlungen übertrieben oder gar sinnlos sind und doch fällt es schwer, die Handlungen zu unterdrücken.
  3. Angst: Die Betroffenen leiden unter starkem Stress und Angst, wenn sie ihre Zwangshandlungen nicht ausführen können oder wenn die Zwangsgedanken besonders intensiv und belastend sind. Neben Angst können auch Ekel und Schamgefühle auftreten. Obwohl sich Betroffene durchaus über die Irrationalität der Zwangsgedanken bewusst sind, haben sie meist doch Angst davor, dass sich die Zwangsgedanken bewahrheiten könnten. Das führt zu neutralisierenden Handlungen (Zwangshandlungen) oder neutralisierenden Gedanken (verdeckte Zwangshandlungen), welche das Ziel haben sich selbst zu beweisen, dass die Zwangsgedanken nicht der Wahrheit entsprechen und hundertprozentige Sicherheit herzustellen.
  4. Vermeidungsverhalten: Ähnlich wie bei Angststörungen können auch Vermeidungsverhalten auftreten. So haben Zwangspatienten die Angst vor einer Infektion mit HIV haben oft keinen Geschlechtsverkehr und Betroffene mit dem Gedanken plötzlich vor eine einfahrende U-Bahn springen zu können, beginnen diese zu vermeiden.
  5. Beeinträchtigung des Alltags: Die Symptome einer Zwangsstörung können dazu führen, dass der Alltag der Betroffenen eingeschränkt wird. Sie können z.B. Schwierigkeiten haben, zur Arbeit zu gehen oder soziale Kontakte zu pflegen, da sie ihre Zwangshandlungen ausführen müssen oder von ihren Zwangsgedanken eingenommen werden. Die Zeit, die den Zwangsgedanken und Zwangshandlungen gewidmet wird, kann erheblich sein und den Alltag stark beeinträchtigen.

Zwangsstörungen äußern sich individuell sehr unterschiedlich und die Symptome variieren von Person zu Person. Bei manchen Personen treten nur Zwangsgedanken auf, bei anderen nur Handlungen. Auch treten nicht immer Vermeidungsverhalten auf. Fast alle Betroffenen neigen dazu sich bei anderen rückzuversichern, dass Ihre Zwangsgedanken und Impulse nicht eintreten werden. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung erhöhen die Wahrscheinlichkeit die Erkrankung in den Griff zu bekommen.

Woher kommen Zwangsstörungen?

Es gibt eine Vielzahl von Ursachen, die zur Entstehung von Zwangsstörungen beitragen. Selten gibt es nur einen Auslöser, man spricht in der psychologischen Forschung vielmehr von Risikofaktoren, die die Entstehung begünstigen.

Biologische Faktoren wie etwa die Genetik können die Anfälligkeit, gegenüber Zwangsstörungen erhöhen. Studien haben gezeigt, dass in manchen Familien Zwangsstörungen gehäuft auftreten, man also von einer gewissen „Veranlagung“ für die Störung sprechen kann. Es konnte jedoch bisher kein eindeutiges Zwangs-Gen identifiziert werden. Die moderne Hirnforschung hat ebenfalls gezeigt, dass Menschen mit Zwangserkrankungen im Vergleich zu Menschen ohne Zwangserkrankungen abweichende Hirnaktivitäten aufweisen. Es ist jedoch unklar, ob diese Veränderungen eine (Mit-)Ursache der Zwangserkrankung sind oder eine Folge davon darstellen.

Umweltfaktoren spielen ebenfalls eine Rolle. In der Regel sind es belastende Lebensereignisse und prägende Lebenserfahrungen, die das Risiko für die Entwicklung von Zwängen erhöhen können. Besonders belastend sind Studien zufolge sexueller Missbrauch, körperliche Gewalt und anhaltende Vernachlässigung während der Kindheit. Das heißt jedoch keinesfalls, dass jeder Mensch nach traumatischen Erfahrungen zwangsläufig eine psychische Störung entwickelt. Bei einigen Personen mit Zwangsstörungen besteht jedoch ein Zusammenhang zwischen solchen Erfahrungen und ihrer Erkrankung. Auch Trennungen oder Wohnortwechsel können prägende Ereignisse sein.

Zwangsstörungen können oft mit anderen psychischen Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen einhergehen. Daher ist eine umfassende Bewertung durch einen klinischen Psychologen oder Psychiater erforderlich, um eine Diagnose zu stellen und eine adäquate Behandlung zu empfehlen.